03.09.2024

Wie hast du's mit Religion?

Die Fachschaft Religionen Ethik stellt sich vor

Religionen Ethik, ein Fach am Theresianum Ingenbohl mit einer langen Traditionsgeschichte und vielen Neuerungen in den letzten Jahren.

Ein Fach aber auch, das so unterschiedliche Vorstellungen zulässt, wie es Menschen gibt.

Und nun also: Dieses Fach vorstellen? Etwas vorstellen, von dem so viele Vorstellungen bereits existieren - unvorstellbar?

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Sich einlassen auf das Unvorstellbare schafft Raum für unendliche Vorstellungen. Das Unvorstellbare lässt Platz für das Unerwartete, für Flexibilität und Vielfalt.

Liegt nicht gerade im Unvorstellbaren erst die Möglichkeit, das Unmögliche zu denken? Die Aufforderung, Mögliches zu hinterfragen? Die Freiheit, sich eine eigene Meinung bilden zu dürfen? Und die Pflicht, diese immer wieder zu hinterfragen?

Gilt es nicht, mutig einen tiefsinnigen Blick zu wagen, hinzuschauen, was die Welt im Innersten zusammenhält (oder zerbrechen lässt), was menschliches Miteinander ausmacht und was Menschsein bedeutet?

Und schon sind wir in medias res. Doch beginnen wir mit den Fakten.

Das Fach Religionen Ethik (RE) stützt sich auf drei Pfeiler: Fachwissen, existenzielles Fragen, Spiritualität und wird an unserer Schule in unterschiedlichen Lehrarrangements unterrichtet: Das Grundlagen- und das Ergänzungsfach am Gymnasium sowie spezifische Kurse in den Berufsfeldern Pädagogik, Gesundheit und Soziales an der Fachmittelschule. Und auch immer wieder die interdisziplinären Thementage mit Begegnungen ausserhalb des Theris sowie die vier Schulfeiern pro Schuljahr. Das Ziel, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Wissen und persönliche Kompetenzen erwerben zu lassen und ihnen die Möglichkeit zu geben, das Fach mitzugestalten, ist in jedem Lern- und Feierformat im Blick.

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Oben in Bild: Carmen Fontana-Stuber und Iris Hengstler
Die Lehrpersonen für Religionen und Ethik


Das Fach RE ist, wenn man es ernst nimmt, immer eine Herausforderung und darin liegt seine grösste Bereicherung. Im Fach RE können wir uns weniger als in anderen Fächern hinter Fakten und Analysen verstecken. RE lebt auch von der Auseinandersetzung und von dem Sich selbst Einbringen und Sich Zeigen. Das gilt für die SchülerInnen ebenso wie für uns Lehrpersonen. «Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?» fordert immer eine persönliche Antwort, wenn man die Frage ernsthaft beantworten will.

Denn auch Petrus sagt in seinem Brief:

«Seid immer bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn euch andere nach der Hoffnung fragen, die euch erfüllt.»

(Petrus 1,35)

Das Schuljahr beginnt in der Regel mit dieser Gretchenfrage («Nun sag, wie hast du ‘s mit der Religion?») und trifft damit oft den Nerv der Jugendlichen: den Widerstand zu Religionen und zur Kirche, die Distanz zu RE. Oft entstehen genau an diesem Punkt herausfordernde, spannende und sehr authentische Gespräche, die selten mit dem Gong zum Stundenschluss enden.

Sichtweisen der anderen ernstnehmen, Perspektivwechsel einnehmen, für die eigene Auffassung einstehen, sich positionieren und Gleichgültigkeit ablehnen sind ein permanentes Einüben in Respekt und Toleranz, nachhaltigem Nachdenken und religiöser Bildung.

Sich auf den Weg zu machen, Antworten zu suchen (nicht zu geben) ist eine grosse Herausforderung und auch die grösste Faszination an diesem Fach.

Unterricht in RE stellt den Menschen mit seinem Denken und Fühlen und Handeln in den Mittelpunkt. RE fragt mit Kant immer auch nach den existenziellen Fragen: «Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?» und bespricht, diskutiert und hinterfragt mit SchülerInnen die Antwortmöglichkeiten, die die Religionen und die Ethik bieten. Auch hier ist von den Lernenden ein eigener Standpunkt gefordert. Denn nach wie vor erleben wir die Jugendlichen als Suchende und letztlich offen für diese auch persönlich geprägte Auseinandersetzung.

Religiöse und pseudoreligiöse Aspekte sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig; sie zu erkennen, zu verstehen und in ihren religiösen und geschichtlichen Kontext einzuordnen ist eine Notwendigkeit, um nicht als AnalphabetInnen, sondern als mündige BürgerInnen den Herausforderungen der Gesellschaft zu begegnen.

Orientierung stiften heisst da auch, Anleitung zum Finden möglicher Antworten geben, Kriterien erörtern, die zu Manipulation und Menschenverachtung führen. Dies erachten wir als eine der Hauptaufgaben des Faches. Es braucht Bildung im religiösen Raum, damit man und frau mündig werden und bleiben kann.

In unsicheren Zeiten begibt sich der Mensch auf die Suche nach Antworten auf existenziellste Fragen. Um hier Orientierung zu geben, brauchen junge Menschen mehr denn je, Übung im kontroversen Diskutieren darüber, was die Welt im Innersten zusammenhält.

In wirtschaftlichen und medizinischen Bereichen hat in den vergangenen Jahren die Wichtigkeit zugenommen, auch ethisches Fragen und Entscheiden in die Gestaltungsprozesse miteinzubeziehen und die Antworten nach solchem ethischen Überlegen auszurichten. Im Fach RE können Wissen und Ansätze von solch ethischem Denken bewusst gemacht und grundgelegt werden.

In RE scheinen gesellschaftlich aktuelle Fragen in Themenkreisen wie «Religiöser Fundamentalismus» oder «Antisemitismus durch die Jahrtausende» auf, für die Schülerinnen und Schüler existenzielle Themen in den Unterrichtsreihen «Sekten» oder «Schuld, Strafe und Versöhnung». Somit ist RE immer auch ein Zeitgefäss für alle die Fragen über Gott und der Welt, die andernorts keinen Platz finden. Damit hat das Fach die Chance (und die Pflicht), am Puls der Zeit zu sein und zu bleiben und Aktualität ins Klassenzimmer zu holen, zu der es unmöglich ist zu schweigen.

Das Bild des Sähmanns kündet etwas vom Unterrichten unseres Fachs RE. Wir sähen Senfkörner – klein und unscheinbar – und irgendwann gehen diese Körner auf und werden zu Bäumen, in deren Schatten die jungen Menschen Orientierung finden.

So ist RE auch ein Hoffnungsfach – Hoffnung auf die Utopie eines menschenfreundlichen gleichberechtigten Miteinanders.

 

Credits

  • Text: Carmen Fontana-Stuber und Iris Hengstler
  • Bild und Video: Daniel Steiner
Autor: Daniel Steiner