Doris Russi Schurter

Seid mutig und packt eure Chancen!

In der Kindheit wurden Doris Russi und ihre Geschwister immer stark von ihren Eltern gefördert. Auch im Vergleich zu ihren Schwestern und ihrem Bruder wurde sie stets gleich behandelt. Sie konnten die gleichen Ausbildungen machen. Dadurch war für Frau Russi von Anfang an klar, dass sie als Mädchen die gleichen Chancen habe wie die Buben. Das hat die Verwaltungsrätin nachhaltig geprägt.

Wofür sind Sie als ehemalige Schülerin des Theresianums besonders dankbar?

Im Theresianum lernte ich, mich mit kritischen Fragen auseinanderzusetzen. Einige der Lehrerinnen haben uns diesbezüglich stark gefordert und gefördert. Dass es eine reine Mädchenschule war, hat mich damals zwar genervt. Später habe ich mich gefragt, ob ich mich an einer gemischten Schule gleich gut hätte entwickeln können. Es gibt ja Studien, die zeigen, dass Koedukation in einem gewissen Alter dazu führt, dass Mädchen sich eher zurückhalten und Buben in diesen Klassen dominieren.

Wie verlief Ihre schulische/akademische Laufbahn?

Meine schulische und akademische Laufbahn verlief ganz klassisch. Ich war eine gute Schülerin, ging auch gerne zur Schule, und konnte trotzdem daneben meine Hobbies pflegen. Ich habe Musik gemacht, Violine gespielt und verschiedene Sportarten ausgeübt. Auch das Studium verlief ganz nach Plan. Eigentlich wollte ich nach dem Lizenziat noch eine Dissertation schreiben. Ich wurde dann jedoch in der Praxis davon überzeugt, dass es in der Juristerei mehr bringt, wenn man ein Anwaltspatent erwirbt. Deshalb habe ich meine Pläne für die Dissertation an den Nagel gehängt.

Was hat Sie am Rechtswesen am meisten interessiert?

Ich habe Jurisprudenz als Studienrichtung gewählt, weil man in diesem Studium lernt, logisch zu denken, Sachverhalte zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es war nie mein Traum, als Anwältin zu praktizieren. Ich wusste relativ früh, dass ich mich auf Wirtschaftsrecht spezialisieren wollte. Deshalb habe ich nach meinem Studium bei einer Bank ein Trainee-Programm absolviert, das mich wiederum in dieser Richtung bestätigt hat.

Aktuell halten Sie verschiedene Verwaltungsratsmandate inne. Hätten Sie es sich als junge Frau vorstellen können, so weit in Ihrer beruflichen Tätigkeit zu kommen?

Als junge Frau habe ich mich noch nicht mit Verwaltungsratsmandaten beschäftigt. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht so genau, was ein Verwaltungsrat macht. Durch meine Tätigkeit beim Beratungsunternehmen KPMG kam ich jedoch mit vielen Verwaltungsräten und entsprechenden Fragestellungen in Berührung. Da begann ich, mich für diese Themen zu interessieren. Da ich bei KPMG relativ jung Partnerin wurde, stellte sich für mich im Alter von 49 Jahren die Frage, was ich in meinem beruflichen Leben noch erreichen möchte. Ich begann, mich für Verwaltungsratsmandate zu interessieren. Als Partnerin einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war es mir jedoch nicht erlaubt, aktive Verwaltungsratsmandate auszuüben. Deshalb machte ich mich 2005 selbständig, quasi unabhängig, um als Verwaltungsrätin wählbar zu werden. Und es gelang mir dann relativ schnell, die ersten Mandate zu bekommen.

Wie erleben Sie die Coronakrise aus Ihrer Sicht? Wird Ihre Arbeit dadurch beeinflusst?

Die Coronakrise hat uns alle stark gefordert. Während man in vielen Firmen zwar in der Theorie Pandemiepläne diskutiert hatte, konnte sich niemand vorstellen, wie so eine Pandemie in der Praxis abläuft. Geschäftsleitungen, Verwaltungsräte und auch alle anderen Mitarbeitenden wurden durch die Krise enorm gefordert. Auch die Arbeitsweise hat sich stark verändert, da die meisten Sitzungen per Videokonferenz durchgeführt wurden und viele persönliche Kontakte verunmöglicht wurden.

Wie haben Sie den Spagat zwischen Familie und Arbeit gemeistert?

Es ist in der Tat ein rechter Spagat zwischen einer Karriere und dem Management einer Familie. Ich hatte jedoch immer grosse Unterstützung, einerseits durch externe Personen, wie Haushalthilfe, Kinderfrau und weitere Personen, andererseits durch meinen Mann und das familiäre Umfeld. Und unser Sohn wurde relativ schnell selbständig, hat seine Schulaufgaben immer alleine gemacht, auch ohne meine Unterstützung. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar.

Wie gestalten Sie Ihre Freizeit? Wie schaffen Sie einen Ausgleich zur Arbeit?

Freizeit ist für mich wichtig, ein notwendiger Ausgleich zur Arbeit. Ich habe viele Hobbies. Mein Mann und ich reisen gerne. Wir besuchen auch vorzugsweise Museen oder gehen an Konzerte, da ich selber früher ebenfalls Violine gespielt habe. Sport ist für uns auch bedeutend. Im Sommer rudern wir und im Winter sind wir mit den Skiern auf den Pisten oder auf der Langlaufloipe anzutreffen.

Die Schule Theresianum soll mit der Kantonsschule Schwyz fusionieren. Was sind Ihre Gedanken dazu?

Ich habe von den Plänen, das Theresianum mit der Kantonsschule Schwyz zu fusionieren, gelesen. Eigentlich finde ich es schade, wenn diese bewährte Mädchenschule nicht mehr weitergeführt werden kann. Allerdings, so verstehe ich es aus der Ferne, waren finanzielle Überlegungen ausschlaggebend.

Was möchten Sie den Schülerinnen und Schülern des Theresianums für ihren Lebensweg mitgeben?

Ich möchte insbesondere den Schülerinnen des Theresianums, solange es diese noch gibt, mitgeben, dass sie ihr Leben mutig anpacken, sich etwas zutrauen und Chancen, wenn sie sich ihnen bieten, auch ergreifen. Mädchen und Frauen fehlt es oft etwas an Selbstbewusstsein und an der Überzeugung, dass man eine Herausforderung schaffen kann. Hier wünsche ich allen jungen Frauen etwas mehr Selbstbewusstsein, dann stehen ihnen alle Türen offen.

Im Namen des Vereins Theri Alumni möchte ich mich bei Ihnen herzlich dafür bedanken, dass Sie sich für das Porträt im THEMA zur Verfügung gestellt haben. Ich wünsche Ihnen für Ihr weiteres Wirken als Verwaltungsrätin und Anwältin viel Erfolg und alles Gute.

Janine Gallicchio, Vizepräsidentin


Weitere Informationen

Porträt von Doris Russi bei Burger & Müller online unter:
https://www.burger-mueller.ch/russi-schurter-doris.html

SRF 10 vor 10 online unter:
https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10

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Doris Russi Schurter
Geboren am 18.02.1956 in Andermatt (UR)

Wohnort
Aufgewachsen in Andermatt und in Ingenbohl im Theri-Internat
Aktuell wohnhaft in Luzern

Ausbildung
1963-1970 Primarstufe, Andermatt
1970-1976 Maturatyp B, Theresianum Ingenbohl
1976-1980 Rechtswissenschaften, Universität Freiburg
1983 Urnerisches Patent als Rechtsanwältin und Notarin

Berufliche Tätigkeiten
1983-1992 Rechtsanwältin bei Fides Treuhandgesellschaft und KPMG Fides Basel
1993-2005 Rechtsanwältin und Partnerin KPMG in Basel sowie als Standortleiterin in Luzern
2000-2004 Präsidentin der Zentralschweizer Handelskammer (heute Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz), Sitz in Luzern
2001-2018 Präsidentin des Verwaltungsrats der LZ Medien Holding, Luzern
2005-heute Selbständige Rechtsanwältin in der Kanzlei Burger & Müller, Luzern
2005-heute Mitglied des Stiftungsrats Student Mentor Foundation Lucerne
2006-2017 Mitglied des Verwaltungsrats der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid, Aarau
2006-2018 Verwaltungsrat der Patria Genossenschaft, Hauptsitz Basel und Funktion als VR-Mitglied, ab 2010 Präsidentin
2007-2018 Präsidentin des Universitätsvereins der Universität Luzern
2008-2018 Mitglied des Verwaltungsrats der Helvetia Holding
2018-heute Präsidentin des Verwaltungsrats Helvetia Holding, der Helvetia Versicherungen und der Helvetia Leben, St. Gallen und Basel
2010-2017 Mitglied des Verwaltungsrats der Luzerner Kantonalbank AG
2017-19.04.2021 Präsidentin des Verwaltungsrats der Luzerner Kantonalbank AG
2014-heute Präsidentin der Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland VSUD, Basel
2016-heute Mitglied des Verwaltungsrats der Swiss International Air Lines, Zürich

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